Augenoptik im Jahr 2030

Wie könnte ein typischer Tag eines Augenoptikers im Jahr 2030 aussehen?

Veröffentlicht am: 31.12.2021
Autor/in: Ann-Katrin
Lesezeit: Minuten

Das Ende eines jeden Jahres steht traditionell dafür, sich für das neue Jahr Ziele zu setzen – typisch sind Ziele für die Ernährung, die sportliche Betätigung, mehr Zeit für Familie und Freunde oder beruflich voranzukommen. Viele Menschen beschäftigen sich mit der Zukunft, wie ihr Leben aussehen könnte. Die Corona-Krise verdeutlicht, wie wichtig es ist, sich damit zu beschäftigen. Unser Leben wurde auf den Kopf gestellt und alle Branchen werden sich nachhaltig verändern. Daher werfen wir heute einen Blick in die Glaskugel und schauen, was sich für die augenoptische Branche etablieren könnte.

2030 - ein typischer Tag im Leben eines Augenoptikers

Wir schreiben das Jahr 2030. Der Duft von frisch gebrühtem Kaffee steigt mir in die Nase, welche der neue Vollautomat jeden Morgen ausspuckt. Praktisch und wohltemperiert im Becher, damit ich ihn direkt trinken kann. Ich steige in mein selbstfahrendes Auto, dass mich in die Stadt bringt. Meine Smartwatch erinnert mich, dass ich heute bei vier Menschen die Augen untersuchen soll, eine Brille anpassen und eine virtuelle Brillenberatung habe. Gleichzeitig zeigt sie mir, dass es heute sonnig werden soll und ich meine Sonnenbrille aufsetzen soll, damit meine Augen vor dem schädlichen UV-Strahlen geschützt sind. Im Geschäft angekommen öffnen sich die Türen automatisch, da auf meiner Smartwatch ein digitaler Schlüssel hinterlegt ist.

Der Chef grüßt mich, als ich die Treppe hinauf gehe und mein Tablett von der Ladestation nehme. Es zeigt zwei Nachrichten von den Kolleginnen an. Bei einem Kunden hat die Bestellung nicht geklappt, eine Angabe hat gefehlt. Schnell ergänze ich diese und löse die Bestellung der Brille erneut aus. Mit viel Glück kann der Kunde seine Brille dennoch heute Abend abholen.

Der erste Kunde des Tages

Pling! Auf meinem Tablett ploppt ein Textfeld auf. Mein erster Kunde hat eben den Laden betreten. Sein Name und erste persönliche Daten nimmt das Kundensystem automatisch auf. Ich gehe nach vorn, um ihn zu begrüßen. Er wünscht eine Untersuchung der Augen und eine neue Brille, da seine Gläser verkratzt sind. Darüber hinaus interessiere er sich für eine der Brillen aus unserer neuen veganen Brillenkollektion. Ich führe ihn in den Nebenraum, in dem ein großes schwarzes Gerät steht. Ein hochmodernes Messgerät, welches erst vor wenigen Wochen auf der Opti vorgestellt wurde. Der Kunde setzt sich davor und ich bitte ihn, sich in eine bestimmte Position zu drehen. Auf meinem Tablett starte ich die Untersuchung. Das Gerät piepst mehrfach, fährt von einem Auge zum anderen. Kurz erlöscht das Licht im Raum, um langsam wieder heller zu werden.

Automatisch werden die Daten, die das Gerät ausgemessen hat, in die Kundenkartei übertragen. Die objektive Refraktion zeigt eine leichte Veränderung zur letzten Brille. Sein Augeninnendruck ist etwas erhöht. Ein Blick auf seine Netzhaut zeigt keine Auffälligkeiten. Nur seine Augen sind leicht trocken. Ich frage den Kunden, wann er das letzte Mal beim Augenarzt war. Er zuckt mit den Schultern. Mit einem Knopfdruck erzeuge ich einen Bericht aus den Daten und schicke ihm diesen auf seine Smartwatch. Der Mann tippt auf seinem Handy herum und zeigt mir eine Minute später, dass er einen Termin bei seinem Augenarzt gebucht hat. Wir gehen einen Raum weiter, ich setze ihn auf den Refraktionsstuhl. Ich bringe das neue System auf Höhe der Kundenaugen. Es ermittelt die Refraktion, indem ich nur wenige Klicks auf meinem Tablett mache und ein paar Fragen stelle. Eine halbe Dioptrie mehr lautet das Ergebnis.

Gerade als wir aus dem Raum nach vorn zu den Brillen gehen, zeigt eine neue Nachricht, dass in später ein weiterer Kunde seine Brille neu angepasst haben möchte. Ich bestätige den online gebuchten Termin. Am virtuellen Spiegel bleiben wir stehen. Es vermisst den Kopf des Kunden Millimeter genau. Die Daten sind Sekunden später in seiner Kartei erfasst. Anhand dieser Größe suche ich ihm aus der neuen veganen Brillenkollektion eine Fassung aus. Er ist begeistert, wünscht sie sich jedoch etwas größer. Wegen seinem breiten Nasenrücken muss die Brille ausgefräst werden. Die dritte Brille sagt ihm zu. Er schickt ein kurzes Video an seine Frau, die ihm eine Minute später antwortet, dass sei eine gute Wahl. Ich nicke bestätigend und schicke die Daten an den Hersteller der Brillenkollektion. Ein Piepsen zeigt mir, dass die Bestellung eingegangen ist und am nächsten Tag bei uns im Haus sein sollte. Mit den Gläsern geht es ebenfalls schnell – für sein gutes Sehen will er den bestmöglichen Sehkomfort. Die Gleitsichtgläser der neuesten Generation enthalten die Daten aus dem schwarzen Messgerät und berücksichtigen die kleine Pupille des Mannes. Auch diese sollen laut Hersteller innerhalb von zwei Tagen bei uns im Haus sein. Ich schicke ihm eine Auftragsbestätigung per Mail. Als der Kunde den Laden verlässt, zeigt mir das Tablett eine neue Nachricht: die Zahlung über die neue Brille ist bereits eingegangen.

Brillen müssen weiterhin gerichtet werden

Der nächste Kunde steht im Laden und will seine Brille angepasst haben. Er habe sich darauf gelegt. Ein Bügel steht im 45 Grad Winkel ab. Mit der Zange biege ich das Material vorsichtig zurück. Unkaputtbare Brillen hat wohl noch keiner erfunden, scherzt der Mann. Ein kurzes Bad und die Brille ist wieder wie neu. Auf meinem Tablett kommt ein Anruf herein. Ich setze mich in einen kleinen Raum, in dem ich ungestört bin. Die Kundin möchte eine Beratung für ihre neue Brille. Ich starte die App, mit welcher ich ihr Gesicht vermessen kann. Gemeinsam stöbern wir durch die Kollektionen, die wir vorab mit Filtern füttern. Größe, Farben, das Design des Bügels ist für die Kundin wichtig. Nach einer halben Stunde werden wir bei einer kleinen Kollektion aus Hamburg fündig. Sie bedankt sich für die tolle Beratung und ich weiß, dass sie ihre Brille nun bei Mister Spex bestellen wird. Denn sie habe keine hohen Dioptrien, dafür reiche ihr der Online-Sehtest, welchen sie später machen will.

Später am Tag beantworte ich mehrere Anfragen meiner Kunden. Einer braucht neue Kontaktlinsen, die ich mit zwei Klicks bestelle und ihm bequem per DHL nach Hause liefern lasse. Sie sollen am nächsten Tag ankommen. Eine Kundin hat eine neue Bankverbindung, die automatische Mail ihrer Bank teilt mir das mit. Auch das ist mit wenigen Klicks gespeichert. Ein junger Mann will vor Ort eine Brille anschauen und hat sich eine kleine Auswahl von Brillen an uns schicken lassen. Ich finde sie passend und schicke ihm einen Terminvorschlag für die nächste Woche zu.

Mein Kunde am Nachmittag hat das Gefühl, er sieht wieder schlechter. Er sitze den ganzen Tag vor seinem Bildschirm. Das Gerät zeigt eine deutliche Veränderung der Dioptrien. Zudem klagt er über schmerzende Augen. Die Netzhautbilder zeigen mir, was los ist: ein entzündeter Sehnerv und eine kleine Blutung im rechten Auge. Ich erzeuge den Bericht für den Augenarzt und schicke ihn sofort dorthin. Da ich jetzt noch etwas Zeit bis zu meinem nächsten Kunden habe, gehe ich in die Werkstatt und unterhalte mich mit der Kollegin. Sie zeigt mir eine Brille aus veganem Acetat. Es lässt sich wie das aus Baumwolle erwärmen. Die Gläser passen fast perfekt hinein. Man müsse das Zentriergerät mal wieder kalibrieren. Ich nicke und spreche eine Notiz in mein Tablett, damit ich mich morgen darum kümmern kann. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie der Chef aus seinem Büro kommt. Er fragt, wer schon wieder den Notizblock und den Kugelschreiber oben auf der Theke hat liegen lassen. Ich setze mein unschuldiges Gesicht auf. Schließlich habe man für Notizen ein Tablett, da könne man auf Papier verzichten. Das Büro sei nicht umsonst digitalisiert worden, um Papier zu sparen. Ich verspreche ihm, beim nächsten Mal einen neuen Baum pflanzen zu lassen, um das wieder auszugleichen.

Am Abend prüfe ich, ob alle meine Aufträge laufen. Einer ist etwas im Rückstand, der Hersteller hat sein Material noch nicht geliefert bekommen. Ich schicke dem Kunden eine Info zu. Er hat Verständnis, wie die schnelle Antwort zeigt. Zufrieden klappe ich das Tablett zu und stelle es auf die Ladestation. Auf dem Heimweg bestelle ich mir über den kleinen Bastelladen ein neues Notizbuch aus Papier – ab und an brauche ich etwas Handschriftliches, damit sich meine Augen von den ganzen digitalen Bildschirmen erholen können…

Realistische Zukunftsvision?

Könnte das ein realistischer Tag im Leben der Augenoptiker werden? Ich weiß es nicht. Aber ich denke, dass sich unser Alltag weiter digitalisieren wird und der persönliche Kontakt zwischen den Menschen weiterhin ein wichtiger Bestandteil in unserem sozialen Leben bleiben wird. Es kann und wird nicht alles ins digitale verlagert werden können. Das hat uns die Corona-Krise gezeigt. Und wer weiß, welche Dinge unseren Alltag in Zukunft erleichtern werden. Vor zwanzig Jahren hat auch niemand ahnen können, dass wir heute jederzeit durch unsere Smartphones erreichbar sind.

Placing-Me Gründer Daniel hat sich bereits 2018 Gedanken über den Brillenkauf in der Zukunft gemacht. Wie so ein Kauf aus Sicht des Kunden ablaufen könnte, lest ihr in seinem Artikel.