Aus dem Laden flüchten

Warum kehren Arbeitnehmer dem Augenoptikfachgeschäft den Rücken zu?

Veröffentlicht am: 8.4.2022
Autor/in: Chiara
Lesezeit: Minuten

Ich bin Augenoptikerin und habe entschieden, mein berufliches Glück woanders zu suchen. Ich bin eine von vielen, die entschieden hat, dass das Fachgeschäft (egal, ob Tradi oder Filialist) nichts für mich ist. Aber was sind die Beweggründe? Einige werden dem einen oder anderen klar sein, aber die wenigsten trauen sich, sich offen darüber aufzuregen.

Gehalt und Arbeitszeiten

Fangen wir mit dem Offensichtlichen an. Die Arbeitszeiten sind furchtbar, häufig von 9 bis 19 Uhr oder länger. Individuelle Arbeitszeitmodelle sind kaum möglich oder von der Chefetage nicht gewünscht. Dazu wird von den Arbeitnehmern verlangt, dass sie mindestens 10 bis 15 Minuten früher da sein sollen, um den Laden vorzubereiten. Ebenso verpflichtend sind die 15 Minuten nach Schließung des Ladens, um diesen dicht zu machen. Das ganze ist natürlich unentgeltlich! Nicht bei allen gehört diese Zeit zur Arbeitszeit. Pro Tag sind das 30 Minuten extra, auf eine Fünf-Tage-Woche gerechnet 2,5 Stunden und für alle, die eine Sechs-Tage-Woche haben, sind es ganze drei Stunden, die nicht vergütet werden. Du kannst das gerne mal auf den Monat und das Jahr hochrechnen, was dein Arbeitgeber dir nicht bezahlt. Ich für meinen Teil wäre nicht so kleinlich, wenn das Grundgehalt stimmen würde. Allerdings werden frisch ausgelernte Gesellen oft genug mit einem Gehalt von 1900 bis 2100 Euro Brutto abgespeist! Na herzlichen Dank …

Arbeitsklima und Umsatzdruck

Wir Optiker sind ein spezielles Volk. Wir arbeiten gerne millimetergenau und lieben in der Regel unsere besonders verzwickten Kunden mit einem Zylinder von -4,75 oder mit Sonderkorrekturen wie z.Bsp. mit Franklingläsern. Das Herz schlägt höher, wenn die Refraktion nicht nur 15 Minuten dauert, sondern unsere Konzentration und unser Feingefühl fordert. Allerdings besteht das Tagesgeschäft hauptsächlich aus Brillen putzen, Brillen anpassen, Werkstatt (falls diese noch im Laden selbst geführt wird) und vor allem VERKAUFEN.

Ich meine damit nicht eine tolle Beratung, bei welcher du dir Zeit lassen kannst und auf alle Bedürfnisse deines Kunden eingehen kannst mitsamt ausführlicher Anamnese. Ich meine damit den Umsatzdruck, der bei jedem Beratungsgespräch mit am Tisch sitzt. Wenn der Chef anfängt, die Mitarbeitenden untereinander zu vergleichen (gerne in Hörweite) oder einen Umsatzbonus zu zahlen, leidet in der Regel das Teamgefühl. Viele fahren in einer solchen Situation die Ellenbogen aus, um selbst einen Bonus abgreifen zu können.

Und wie wäre es besser?

Ich bin keine Unternehmerin und maße mir daher nicht an, an dieser Stelle Dinge vorzuschlagen. Was ich deutlich sagen möchte ist, dass oftmals die engagierten, zielstrebigen und fleißigen Arbeitnehmer sich eines Tages entscheiden, den Laden zu verlassen. Sie suchen sich andere Felder in der Optik oder verlassen den Beruf komplett. Weil er ihnen nicht genügend Raum bietet, um Hobbys und Familie besser unter einen Hut zu bringen oder sich beruflich weiterzuentwickeln.

Wenn du mit deinem aktuellen Job unzufrieden bist, schau dich unverbindlich und anonym im Portal bei Placing-Me um. Vielleicht ist der neue Job nur wenige Klicks entfernt!