Eine andere Art zum Meistertitel

Mein Weg vom Augenoptikermeister zum Hörakustikermeister

Veröffentlicht am: 18.3.2018
Autor/in: Lukas Fischer
Lesezeit: Minuten

Meine Vorgeschichte

Seit nun mehr 10 Jahren (die Ausbildung mit eingerechnet) habe ich mit Brillen zu tun. Es war der klassische Weg, mittlerer Schulabschluss (MSA), Ausbildung in einem traditionellen Augenoptikerbetrieb, dann der Wechsel zu einer Kette, deren Namen ich mal außen vor lasse.:wink: Dort habe ich als Geselle etwas Erfahrung gesammelt und spürte das erste mal in meinem Leben den Drang das gelernte Wissen zu vertiefen, neues Wissen zu erlangen und mich beruflich weiter zu entwickeln. Das sich dieser Drang noch nicht ganz so in der Ausbildung gezeigt hatte, war der Tatsache geschuldet, dass man mit 17 oder 18 Jahren auch sehr viele andere Dinge im Kopf hat :sweat_smile:.

Dieser Wissensdrang führte mich schlussendlich zur privaten Fachschule Optonia in Diez. Dort durchlief ich erfolgreich die Meisterausbildung, nebenbei kann ich die Schule für alle empfehlen, die diesen Weg ebenfalls gehen möchten. Anschließend wurde ich von meinem Unternehmen als Filialleiter und Augenoptikermeister beschäftigt, was ich auch etwa ein Jahr machte, bevor in mir wieder das Weiterbildungsmonster erwachte.

Mein Entschluss stand fest

Privat hatte sich in der Zeit auch einiges geändert, was meinen Wunsch bestärkte, mal raus zukommen. Wie gerufen kam im Sommer 2016 eine Email mit dem Angebot, sich zum Hörakustikermeister ausbilden zu lassen. Lange überlegt habe ich ehrlich gesagt nicht und ich war mit meinen Gedanken sehr schnell bei der Ehre einen zweiten Meisterbrief zu erhalten. Der Weg der zwischen mir und dem Erwerb des Meistertitels in der Hörakustik lag, hatte ich dummerweise gedanklich erstmal übersprungen. Allerdings waren die Rahmenbedienungen erst einmal gut und dass die Schule in Österreich genauer gesagt in Innsbruck stattfindet hat mich sofort begeistert, da ich ein großer Fan von den Alpen bin :-D.

Das Ganze war relativ kurzfristig und ehe ich mich versah, saß ich auch schon im Auto nach Innsbruck zum ersten Unterrichtsblock. Völlig ahnungslos was mich erwartet und auch welche Vorkenntnisse mir etwas nützen würden.

Und dann war meine Schulzeit auch schon wieder vorbei.

Jetzt sitze ich hier mit meinem Meisterbrief und kann zusammenfassend sagen: Ja, es war viel Schweiß, Tränen und Blut (ab und an auch eine kleine Verbrennung beim Fräsen:sweat_smile:) dabei aber ich bin stolz darauf, die Prüfung beim ersten Versuch bereits erfolgreich abgelegt zu haben.

Was ist also zwischen der ersten Fahrt nach Innsbruck und dem heutigen Tage passiert?

Zunächst muss ich direkt eine Lanze für die Schule brechen, an der wir waren. An der Wifi in Tirol (ja da gab es auch WLAN Empfang :sweat_smile:) gibt es sehr engagierte Dozenten und direkt vor Ort ist auch die WKO (Wirtschaftskammer :flag_at:) die die Prüfungen durchführen und man sich direkt an jemandem wenden kann, wenn man Hilfe braucht oder Fragen hat. Ja der Stoff ist viel und ja man kann nur wenig von dem aus der Optik gelernten Wissen anwenden, aber die Dozenten geben sich wirklich große Mühe die Akustik praxisnah und spannend zu vermitteln. Auch habe ich festgestellt, dass in der Hörakustik, sowie auch in der Optik, Erfahrung ein extrem wertvoller Verbündeter ist.

Schulablauf

Unsere Klasse bestand aus 21 Schülern und der Unterricht war in Blöcken aufgeteilt. Mal 3 Wochen mal 2 Wochen und mal auch nur 10 Tage. Da wir alle Augenoptikermeister waren, war es uns möglich den Meister ohne vorherige Berufserfahrung zu machen. Um Teil 3 und 4 nicht noch mal in Österreich ablegen zu müssen, genügt es die beiden Teile aus Deutschland in Österreich anerkennen zu lassen. Nach Bestehen der Prüfung muss der Meisterbrief wiederum in Deutschland anerkannt werden, was mich ein bisschen gewundert hat, da wir ja eigentlich in der EU leben und man meint halt, dass so was eigentlich einfacher geht, aber das ist keine Kritik an der Schule sondern eher am System des Meisters und der Anerkennung in der EU.

Meine Beweggründe

Vielleicht stellt Ihr euch die Frage: Warum geht der extra 800 km weit weg um den Meister zu machen, statt zum Beispiel nach Lübeck oder nach Karlsruhe zu gehen?:thinking:

Zunächst einmal kann man in Österreich die Prüfung beliebig oft ablegen. Abgesehen von manchen sprachlichen Differenzen (Dozent will Power sagen spricht es aber Bauer aus und alle gucken ihn wie ein Fragenzeichen an:joy:), fühlt man sich super aufgehoben und unterstützt. Außerdem ist eine gute Ausstattung in den Kabinen vorhanden ist, so dass es sehr praxisnah gelehrt wird.

Zusammensetzung der Abschlussprüfungen

Die Theorie-Prüfung besteht aus insgesamt 9 Teilen. Jeder dieser 9 Teile muss mit mindestens 60 % abgeschlossen werden um zu bestehen. Fällt man in einem oder mehreren Teilen durch, muss man allerdings nur noch mal den oder die Teile wiederholen, die man nicht geschafft hat. Da meiner Erfahrung nach eine Prüfung auch tagesformabhängig in die Hose gehen kann, obwohl man fleißig gelernt und sich gut vorbereitet hat, finde ich es fair, beliebig oft wiederholen zu dürfen.

Was mein Vorwissen anging.

Auch wird euch vielleicht die Frage unter den Nägeln brennen, was man konkret aus dem Alltag eines Augenoptikermeisters in den eines Hörakustikermeisters übertragen kann. Was man definitiv übernehmen kann ist eine gründliche Anamnese und eine ausführliche Bedarfsanalyse. Die ist in der Hörakustik vielleicht sogar noch eine Spur wichtiger, weil es so viele Geräte und passendes Zubehör gibt und die Erkenntnisse eben auch in die Einstellung und Anpassung der Hörgeräte mit einfließt. Zusammenfassend kann man also sagen, dass man sein Verkaufstalent wie stark ausgeprägt es auch sein mag und seinen individuellen Beratungsstil beibehalten kann. Ebenso wie der Umgang mit den Kunden. Fachlich gesehen lässt sich vielleicht noch ein wenig von der Wellenlehre auf die physikalische Akustik übertragen, wobei die Berufsschule bei mir persönlich doch schon so lange her ist, das ich mir das neu aneignen musste.

Mein Resümee

Alles in allem kann ich sagen das ich mit dem Hörakustikmeister einen Beruf „dazuerlernt“ habe, der extrem vielseitige Anforderungen an einen stellt. Sei es Elektrotechnik (bis dato hatte ich mit Schaltkreisen oder ähnlichem gar nichts am Hut :sweat_smile:),Psychoakustik, aber auch das bauen eines Im-Ohr-Systems oder das weitläufige Thema Audiologie. Hier sieht man auch wieder Parallelen zur Augenoptik, wobei die Hörakustik gefühlt noch einen ticken breiter gefächert ist. Was alles dazu gehört, macht sich auch in der Unterrichtslektüre bemerkbar. Das Buch Hörakustik 3.0 umfasst alle relevanten Themen auf über 1000 Seiten. Ein richtig schwerer Brocken, aber es sind nahezu alle berufsrelevanten Gebiete mehr oder weniger umfangreich zusammen gefasst. Dieses Buch von der Placing-You Leihbücherei bildete die Basis für das von den Dozenten vermittelte Wissen.

Wie meine Zukunft aussieht.

Ich bin nun froh und gespannt, das Gelernte in die Tat umzusetzen. Denn auch wenn natürlich nach einem Jahr Unterricht und praktischer Arbeit noch nicht viel Erfahrung gesammelt wurde, so wurden uns an der Wifi in Tirol doch die richtigen Handwerkszeuge gereicht, um die Erfahrung zu sammeln und sein Wissen stets zu erweitern. Ich kann die Schule, sowie auch diesen hochinteressanten technischen Handwerksberuf jedem empfehlen, der neugierig und wissensdurstig durch sein Berufsleben geht und seinen Horizont erweitern möchte. Ich kann jetzt schon sagen, dass sich meine Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt zum Positiven entwickelt hat. Denn besonders in der Akustik kämpft man ebenso wie in der Optik mit einem starken Fachkräftemangel.


Zum Schluss meines Artikels fällt mir jetzt nur noch ein Klugscheißer-Spruch ein, den klaue ich dreisterweise von der WIFI, denn er trifft einfach zu: Wissen ist für immer!