Ohrenschmalz im Ohr

Teil 3: Ohrenschmalz ist etwas Natürliches und Notwendiges

Veröffentlicht am: 18.3.2022
Autor/in: Janine
Lesezeit: Minuten

Die Frage, ob Ohrenschmalz etwas Natürliches und Notwendiges ist, würde ich mit Ja beantworten. Wir Akustiker sehen es in unserem Beruf häufiger als jeder andere Mensch und das nicht gerne. Wovon ich rede? Vom Ohrenschmalz, im Fachjargon: Cerumen. Wissen wir, wozu der Ohrenschmalz da ist? Was er kann? Wie er entsteht? In diesem Artikel erfährst du alles über unseren Feind. Ich bin mir sicher, das ein oder andere war dir bisher noch fremd.

Nützlicher Ohrenschmalz

Unser Ohrenschmalz hat eine wichtige Aufgabe: Auch wenn ihn die meisten Menschen so schnell wie möglich wieder loswerden möchten, schützt er den Gehörgang vor Bakterien, Partikeln, Keimen und vor Trockenheit. Er kann, genau wie andere Körperflüssigkeiten, Aufschluss über unseren gesundheitlichen Zustand liefern. Der Ohrenschmalz zeigt uns, wenn etwas nicht stimmt.

Darüber hinaus dient er der Selbstreinigung. Er wird im äußeren Drittel des Gehörgangs aus Talg und Schweißdrüsen gebildet, ist sauer und besteht aus Fetten und Enzymen. Unser Cerumen umhüllt abgestorbene Hautschuppen, Staub und Dreck und transportiert diesen dann durch Kaubewegungen nach außen. Die Haut des Gehörgangs wächst nämlich von innen nach außen und nimmt den Schmalz praktisch mit nach außen und verteilt ihn so gleichmäßig. Außerdem hält es Insekten davon ab, in unser Ohr hineinzukriechen. Unser Cerumen ist neben der Galle einer der bittersten Sekrete des menschlichen Körpers. Ob es wohl so bitter schmeckt, um die Insekten fernzuhalten?

Schon gewusst? Ohrenschmalz besteht unter anderem aus Kohlenwasserstoffen, Cholesterin und freien Fettsäuren. Doch die genaue Zusammensetzung ist nicht wirklich entschlüsselt. Bisher konnten ca. 1000 Substanzen im Schmalz identifiziert werden.

Farbiger Ohrenschmalz

Die Farbe von unserem Ohrenschmalz kann stark variieren. Sie geht von hellgelb bis hin zu dunkelbraun. Das ist häufig auch abhängig vom Alter. Solltest du bemerken, dass sich dein Ohrenschmalz grün oder dunkelgelb gefärbt hat, sollte man achtsam sein. Denn normalerweise hat die Substanz eine leuchtend gelbe Farbe. Änderungen können auf Infektionen im Inneren des Ohres hindeuten.

Geruchloser Ohrenschmalz

Ohrenschmalz ist geruchslos. Riecht es eigenartig, so ist das meist ein Zeichen einer Infektion. Tatsächlich kann auch der Gehörgang selbst beschädigt sein. In diesem Falle solltest du unbedingt auf weitere Symptome achten, wie z.B. Gleichgewichtsstörungen.

Cremiges Ohrenschmalz

Die Beschaffenheit des Ohrenschmalzes verändert sich im Laufe des Lebens. Mit zunehmendem Alter wird der Schmalz trockener und verliert an Cremigkeit. Die Konsistenz kann sogar etwas über die Herkunft aussagen. Forscher haben entdeckt, dass Menschen mit asiatischer Abstammung eher trockenes, Personen mit afrikanischen oder europäischen Wurzeln eher klebriges bis feuchtes Ohrenschmalz haben. Laut den Wissenschaftlern liegt dies an den Klimazonen, in welchen die jeweiligen Vorfahren lebten.

Böses Wattestäbchen

Jeder weiß, dass man die Ohren nicht mit einem Wattestäbchen reinigen sollte, aber trotzdem macht es jeder mal. Natürlich, den Anblick von Ohrenschmalz möchte keiner seinen Mitmenschen antun. Doch du solltest nicht zu oft, am besten gar nicht, mit dem Wattestab in die Ohrmuschel dringen. Der Grund ist simpel: Damit drückt man den Großteil des Ohrenschmalzes nur wieder zurück ins Ohr, statt es zu befreien. Im Gehörgang trocknet es dann und verstopft ihn. Dadurch entsteht ein Ohrenschmalz-Pfropf, auch Cerumen obturans, genannt. Er kann im schlimmsten Fall zu Schwerhörigkeit und sogar Schmerzen führen. Besser die Finger von den geliebten Wattestäbchen lassen!

Die Reinigung kann weitere Folgen haben: ein großes Problem, wenn du ständig reinigst, ist die Bildung von Ekzemen und Ohrjuckreiz. Es kann vorkommen, dass kaum oder kein Ohrenschmalz mehr gebildet wird. Die Folge ist eine Milieustörung, aus der schuppige, juckende Gehörgänge resultieren. Durch die Ohrreinigung können schwerwiegende Erkrankungen auftreten oder Verletzungen des Gehörgangs und des Trommelfells.

Was kannst du stattdessen tun? Diese Frage bekommen wir als Akustiker häufig gestellt. Was kannst du tun, um das Ohrenschmalz loszuwerden? Zuerst: Ohren müssen NICHT gereinigt werden. Denn dies ist kein Schmutz, sondern eine Schutzmasse. Sollte sich bei dir bereits ein Ohrenschmalz-Pfropf angesammelt haben, kannst du versuchen, den Pfropf mit lauwarmem Salzwasser vorsichtig aufzuweichen und herausspülen. Niemals versuchen, mit einem spitzen Gegenstand oder ähnlichem den Pfropf zu entfernen! Du kannst dir das Trommelfell oder den Gehörgang verletzen. Erst letzte Woche hatte ich eine Kundin, die mir berichtete, dass ihre Ohren frisch gereinigt sind. Als ich sie fragte, ob sie das bei ihrem HNO-Arzt hat machen lassen, antwortete sie mir: „Nein, das mache ich immer selbst mit einer Nadel!“ Bitte NICHT nachmachen!

Sollte das Herausspülen nicht funktionieren, konsultierst du am besten den HNO-Arzt. Er kann mithilfe eines Otoskops das Trommelfell auf Schäden und Infektionen untersuchen und im Anschluss das Ohr mit einer Ohrspritze ausspülen. Durch den Wasserstrahl sollte der Pfropf sich lösen. Wenn er allerdings zu fest sitzt, muss der Arzt ihn durch Ohrentropfen, die Glycerol enthalten, aufweichen und noch einmal spülen. Manchmal braucht es spezielle Geräte, um den lästigen Pfropf absaugen zu lassen.

Ohrenschmalz vorbeugen

Um einem Propf vorzubeugen, kannst du beim Duschen etwas Wasser in die Ohren laufen lassen. So bleibt der Ohrenschmalz feucht und geschmeidig. Außerdem ist ein regelmäßiger Besuch beim HNO-Arzt empfehlenswert, gerade bei Menschen, die bereits Hörgeräte tragen.

Schon gewusst? Jedes Kind weiß, dass laute Musik aus Kopfhörern das Gehör schädigt. Aber die wenigsten wissen wahrscheinlich, dass man sich allein durch das Tragen von Kopfhörern einem gesundheitlichen Risiko aussetzt. Denn durch das Tragen steigt die Anzahl der Bakterien im Ohr rasant an – und zwar um 700 Prozent!

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